Kürzlich hat mich ein Kunde gefragt wie man im Kohlefeuer anlassen kann wenn kein Härte, bzw. Anlassofen zur Verfügung steht.
Wenn es sich um eine Klinge handelt die im Bereich von ca. 200°C angelassen wird, eignet sich ein normaler Backofen wie er in nahezu jeder Küche zu finden ist. Für den Fall das man diesen Weg beschreiten will sollte man sich des Wohlwollens der Ehefrau, Mutter, bzw. desjenigen versichern der die Verfügungsgewalt über den Backofen hat. 😉
Muss das Bauteil, in diesem Fall eine Feder für ein Klappmesser, aber höher angelassen werden, ist der Backofen aus dem Rennen. Federn werden in einem Temperaturbereich um die 300°C angelassen. Mal mehr mal weniger, je nach dem was man möchte. Die Anlassfarbe die sich dabei auf dem blanken Bauteil bildet geht ins Blaue, bzw. schon ins Graue über. Will ich nun eine Klinge, eine Feder, oder was auch immer im Kohlefeuer oder im Gasfeuer anlassen, so lege ich das Bauteil oben ins Kohlebett oder in die Gasflamme bis ich die Anlassfarbe erreicht habe. Dann wird im Wasser abgeschreckt. Diesen Vorgang kann ich wenn nötig wiederholen.
Schon ist man fertig. Hört sich alles doch ganz einfach an oder ?
In der Realität ist es aber leider nicht ganz so einfach. Die Klinge heizt sich im Kohlebett oder im Gasfeuer viel zu schnell auf. Der Vorgang ist nicht richtig zu kontrollieren. Man hat keinen richtigen Überblick über den Vorgang und so weiter. Die eine oder andere Messerklinge wurde so schon verhunzt könnte ich mir denken.
Was mache ich also anders damit es einfacher und sicherer funktioniert ?
Mit der nachstehend beschriebenen Vorgehensweise wird man seine Klinge leichter und kontrollierter anlassen können.
Als erstes das Kohlefeuer auf Temperatur bringen und es gut durchglühen lassen. Dann legt man eine Stahlplatte mit ca. 10mm Dicke entweder direkt in die Glut, oder mittels 2 Distanzstücken aus Stahl oder Schamotte mit einem kleinen Zwischenraum von wenigen cm über die Glut. Die Stahlplatte sollte nicht zu dünn sein um ein Verbiegen zu vermeiden. Wenn die Platte auf Temperatur gekommen ist lege ich die Klinge oder das Werkstück darauf. Eine Klinge würde ich mit dem Rücken auf die Platte stellen. So lasse ich langsam und kontrolliert über den Rücken an. Lege ich die Klinge auf die Seite wird die auf der Platte liegende Seite schneller erwärmt. Es besteht die Gefahr des Verzuges. Muss man bauartbedingt die Seite auflegen, so sollte man das Bauteil regelmäßig wenden um eine gleichmäßige Erwärmung zu erhalten.
Je nach dem wie ich anlassen möchte lege ich die Klinge recht bald auf die Platte welche noch nicht sehr warm ist. Die Klinge komm nun langsam mit der Platte auf Temperatur und wärmt relativ langsam durch. Der Rücken kommt hier vergleichsweise gleichmäßig mit der Schneide auf Temperatur.
Warte ich bis die Platte sehr heiß ist, bzw. schon glüht und lege dann die Klinge auf, kommt diese an den Kontaktsstellen schnell auf Temperatur. Die Erwärmung ist hier mehr punktuell vorzunehmen. So kann ich z.b. den Rücken stärker anlassen als die Schneide.
Wie heiß die Platte sein muss, wie bald die Klinge auf diese gelegt werden sollte und wie lange Sie draufzubleiben hat hängt von den individuellen Gegebenheiten ab. Hier muss jeder seine Arbeitsweise finden.
Bei der Klinge wandert nun die Hitze, und die Anlassfarbe vom Rücken langsam in die Schneide. Habe ich in der Schneide einen blaßgelben bis strohgelben Farbton, so ist der Anlassprozes fertig. (siehe oben ) Der Rücken wird dabei eventuell schon ins blaue oder blaugraue gehen. Das ist ok. Die Klinge wurde somit differentiell angelassen. Sie hat eine harte Schneide und einen zähen Rücken.
Die beiden Handskizzen zeigen schön den möglichen Aufbau im Kohlefeuer oder auch im Gasfeuer.
Das Kohlefeuer kann seitlich mit Schamottesteinen eingegrenzt werden um eine bessere Ausnutzung der Hitze zu haben.
Das Gasfeuer wird durch ein Konstrukt aus 3 Gasbeton oder Feuerleichtsteinen gebildet. Über eine seitliche Öffnung wird der Brenner eingeschoben. Oben wird die Stahlplatte eingelegt. Auf diese kommt wie beim Kohlefeuer die Klinge gelegt. Die Vorgehensweise beim Anlassen ist identisch wie beim Kohlefeuer.
Das Anlassen mittels dieser Vorgehensweise dauer deutlich länger als im direkten Kontakt zum Feuer oder Glutbett. Jedoch habe ich eine genauere und besser kontrollierbare Abfolge der Arbeitsschritte und darauf kommt es an. Hat Ihnen der Artikel gefallen ?
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