Welchen Stahl nehme ich zum Messerschmieden, bzw. zum Messermachen?
Nehme ich einen Werkzeugstahl, oder einen Kohlenstoffstahl ?
Soll es ein rostbeständiger (rostfreier) Messerstahl sein?
Welcher Stahl ist besser, ein rostfreier Stahl oder ein Kohlenstoffstahl?
Was ist der beste Stahl zum Messerschmieden.?
Alles in allem gibt es wohl einige tausend Stahlsorten weltweit. Davon ist nur ein geringer Anteil zum Messerschmieden geeignet. Von diesem geringen Anteil wird wohl nur ein gewisser Prozentsatz überhaupt verfügbar sein. So grenzt sich die tatsächliche Auswahl an geeigneten Stahlsorten schon erheblich ein. Etliche Stähle unterscheiden sich nur minimal in Ihren Bestandteilen oder nur in der Werkstoffnummer. Ob ich einen C70 oder einen C75 verwende (sofern ich diese überhaupt bekomme) ist sekundär. Bei der Verarbeitung merkt man hier keinen Unterschied und im tatsächlichen Gebrauch wohl auch nicht wirklich. Hier spielt die korrekte Wärmebehandlung eine viel größere Rolle. Wenn ich einen Kohlenstoffstahl mit einem anderen Stahl feuerschweiße, also einen Damast oder einen 3-Lagen Stahl schmiede, kann die gewissenhafte Auswahl sehr wohl eine Rolle spielen. Gut schweißbar sind quasi alle C-Stähle. Manche haben einen sehr geringen Mangan Gehalt von 0,1 bis 0,3 %. Andere hingegen bei sehr ähnlichem Anteil an Kohlenstoff haben einen Mangananteil von 0,6 – 0,8%. In der Kombination mit einem 1.2842 zeichnet der eine sehr schön silbergrau, der andere mit mehr Mangan unterscheidet sich im Kontrast kaum vom 1.2842. Hier gilt es also aufzupassen. Wenn man das alles berücksichtigt bleiben am Ende vielleicht 20 oder 30 verschiedene Stahlsorten (einige mehr oder weniger können es schon sein) übrig die ob der Verfügbarkeit oder der Eignung überhaupt verarbeitet werden können. Die augenscheinlich geringe Verfügbarkeit spielt aber keine große Rolle. Ich kann mit wenigen verschiedenen Stahlsorten nahezu alles abbilden.
Um einen Messerstahl vom anderen zu unterscheiden ist auch hier der (man verzeihe mir wenn ich mich wiederhole 😉 ) Stahlschlüssel ein sehr nützliches Buch für die Auswahl des passenden Materials. Wer hier liest, sich mit dem Messerschmieden/Messermaschen befasst und Ihn noch nicht hat => sofort kaufen. 😉
Es gibt ihn als gebundene Ausgabe (Ausgabe 2013) mit 850 Seiten für fast 160,00 €
oder als Taschenbuch mit ca. 200 Seiten für ca. 11,00 €.
Die Taschenbuchausgabe dürfte für die meisten Fälle ausreichen. Der Stahlschlüssel enthält Informationen zu den gängigsten Stählen, Zusammensetzung, Legierungselementen, Angaben zu Schmiedetemperaturen, Daten zur Wärmebehandlung, Einsatzgebiete usw.
Doch nun ein paar Worte zur Unterscheidung:
Es gibt unlegierte Stähle und legierte Stähle. Bei den unlegierten Stählen spricht man oft auch von Kohlenstoffstählen. Weiter finden Sie die Begriffe Baustahl, Qualitätsstahl (oder Edelstahl). Diese bezeichnen die Güte des Stahls, seine „Reinheit“ und die Toleranzgrenzen der Legierungselemente. Die legierten Stähle unterteilen sich in niedrig legierte und hochlegierte Stähle. Niedrig legierter Stahl hat einen Gesamtprozentsatz aller Legierungselemente von weniger als 5%. Beim hochlegierten Stahl sind es dann mehr als 5% . Kohlenstoff zählt bei dieser Bewertung nicht zu den Legierungselementen. Weiterhin gibt es Warmarbeitsstähle und Kaltarbeitsstähle. Diese Begriffe bezeichnen das Einsatzgebiet des jeweiligen Stahls. Dann gibt es rostbeständige (allgemein bekannt als rostfreie Stähle) und nicht rostbeständige Stähle. Diese Begriffe werden in der entsprechenden Literatur zur Werkstoffkunde erläutert. Fürs erste beschränken wir uns auf einige der gängisten Stähle aus einigen Stahlgruppen:
Kohlenstoffstähle
Dies sind Stähle die neben den in der Schmelze vorkommenden Elementen wie z.B. Mangan, Silizium, Phosphor, Schwefel usw. nur noch den Kohlenstoff als Element enthalten. Einige Kohlenstoffstähle die zum Messerschmieden geeignet und auch mehr oder minder verfügbar sind: CK45, C60/Ck60, C80, C75/CK75, C100, C105 usw. Um die Zusammensetzung der genannten Sorten zu erfahren sei auch hier wieder auf den Stahlschlüssel verwiesen.
Niedrig legierte Werkzeugstähle
Dies sind Stähle, denen im gewissen Umfang (weniger als 5%) Legierungselemente beigegeben sind. Das können z.B. Elemente wie Mangan, Nickel, Silizium, Vanadium, Wolfram, Molybdän, Chrom usw. sein. Einige niedrig legierte Stähle sind: 1.2842, 1.2519, 1.2510, 1.2003 (75Cr1), 1.2419, 1.2552, 75Ni8 (wird oft für Sägeblätter/Gattersägenblätter verwendet)
Hochlegierte Stähle
sind Stähle denen im Gegensatz zu den niedrig legierten Stähle in Summe mehr als 5% an Elementen zulegiert wurden. Es können rostbeständige (rostfreie) Stähle sein. Das ist aber nicht zwingend der Fall. Ein Stahl, noch dazu einer welcher beim Damastschmieden gut eingesetzt werden kann, ist der 1.2767. Dieser hat mehr als 5% an Legierungselementen aber nur 1% Chrom. Aufgrund seines Nickelanteils ist dieser Stahl aber auch schon recht beständig gegen Korrosion.
Rostbeständige(rostfreie) Stähle
Rostfreie Stähle sind Stähle mit einem Chromgehalt von mindestens 12 bis 13% Chrom. Chrom als Legierunselement sorgt ab dieser Menge durch seine passivierende Wirkung dafür das der Stahl rostbeständig wird. Andere Elemente wie Nickel z.B. sorgen neben der Steigerung der Zähigkeit auch für eine gewisse Korrossionsbeständigkeit und Resistenz gegen bestimmte (reduzierende) Chemikalien. So findet man beim 1.4301 eine Kombination von 18% Chrom und 10% Nickel. Dieser Stahl findet sehr oft Verwendung im Edelstahlbau und in der Nahrungsmittelindustrie. Aber auch beim Messerschmieden kann er eingesetzt werden. Er eignet sich aufgrund des sehr niedrigen C-Gehaltes zwar nicht als Messerstahl, aber für Backen und Parierelemente ist er gut nutzbar . Sofern man das Feuerschweißen von rostbeständigen Stahlsorten beherrscht, kann er für die Seitenlagen einer 3-Lagen Klinge verwendet werden. Kurze Anmerkung: Der 1.4301 hat aufgrund des hohen Nickelanteils auch bei Raumtemperatur ein austenitisches Gefüge. Siehe: Normalisieren von Messerklingen. Ab der oben genannten Menge an Chrom im Stahl wird dieser allgemein als „rostfrei“ bezeichnet. Das ist genaugenommen nicht ganz korrekt, denn vereinfacht gesagt: Dort wo Eisen drin ist kann es auch rosten…. Die korrekte Bezeichnung wäre „rostbeständig“ wie oben geschrieben in der Bedeutung „sehr“ beständig gegen Oxidation. Aber ich spreche der Einfachheit und der allgemeinen Verständlichkeit halber auch oft von rostfreien Stählen, da dann jeder weiß was gemeint ist.
Diese Stähle gehören aufgrund des hohen Chromgehaltes zwangsläufig zu den hochlegierten Stählen.
Einige „rostfreie“ Stähle sind: 440B/1.4112, 440C/1.4125, D2/1.2379, ATS 34, RWL34, N690 etc. Diese Auflistung ist etwas willkürlich. Hier werfe ich Stahlbezeichnungen aus unterschiedlichen Normsystemen verschiedener Länder ein. Es sind jedoch die Bezeichnungen mit denen der „Messermacher“ oft verttraut ist. Das ist für den Anfang ein grober Überblick. Es existieren noch wesentlich mehr geeignete Stähle, vorausgeetzt sie sind verfügbar. Zu Beginn würde ich mich aber auf einige wenige beschränken, diese kennenlernen und dann die Palette erweitern. Mit den oben genannte Stählen kann ich aber nahezu alle Arten von Messerklingen, Werkzeugen usw. Schmieden.
Pulvermetallurgische Stähle (Pm-Stähle)
Das sind Stähle, die in einem speziellen Verfahren erzeugt werden. Abweichend von der klassischen Methode einen Stahl im Hochofen zu erschmelzen und zu Blechen, Stäben, etc. zu walzen wird ein pulvermetallurgischer Stahl in einer abweichenden Produktionsmethode erzeugt. Die Schmelze wird vereinfacht gesagt durch geeignete Düsen gepresst und zu einem feinen Pulver zerstäubt. Dieses Pulver wird nun in einer entsprechenden Vorgehensweise erhitzt und gepresst. Dabei wird das Material praktisch zusammengebacken (gesintert). Das Pulverkorn schmilzt an den Randzonen an und verbindet sich mit den benachbarten Körnern. Damit erhält man einen im Gefüge sehr feinen und reinen Stahl, der nun weiter verarbeitet werden kann. Das Gefüge eines PM-Stahls ist wesentlich feiner als das Gefüge eines identischen Stahls welcher im herkömmlichen Schmelzverfahren erzeugt wurde. Ein Beispiel hierfür ist der ATS34 (normal erzeugter Stahl) und der RWL34 (PM Stahl). An das feine Gefüge eines hochwertigen Werkzeugstahls wie z.B. den 1.3505 mit seiner feinen Karbidstruktur/Karbidgröße reichen die Pm-Stähle aber nur bedingt heran.
Eine Stahltabelle mit Namen, Legierungselementen, der Eignung zum Schmieden und Feuerschweißen etc habe ich zur Zeit in Arbeit. Sobald diese fertig ist stelle ich sie online
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